«Willkür schadet dem Vertrauen»
«Willkür schadet dem Vertrauen»
Konjunktur
Die überraschend schwachen neugeschaffenen Stellen (Non-Fram Payrolls) zeigen, dass die US-Wirtschaft im Zollkrieg verwundbarer ist, als es das Weisse Haus gerne hätte. Die wirklich negative Überraschung war weniger die Bekanntgabe der Zahlen des Monats Juli, sondern die hohen Abwärtsrevisionen der beiden Vormonate. Die Veröffentlichung des enttäuschenden Arbeitsmarktberichts hatte unmittelbare Folgen für das Arbeitsverhältnis von Erika McEntarfer, Chefin der US-Statistikbehörde, die noch am selben Tag von Donald Trump gefeuert wurde. Seine Begründung lautete, dass die Daten «manipuliert» waren, um ihn schlecht aussehen zu lassen. Zudem hätte die Behörde in der Vergangenheit Zahlen zugunsten der Demokraten verfälscht – eine unbegründete Behauptung, für die es keinerlei Beweise gibt. Dasselbe Schicksal ereilte die Fed-Gouverneurin Lisa Cook, welche ebenfalls aufgrund von unbelegten Anschuldigungen durch Trump entlassen werden sollte. Cook weigerte sich jedoch zurückzutreten und erklärte, es gebe keine rechtliche Grundlage dafür. Daher dürfte der Fall vor dem Obersten Gerichtshof landen. Dies hat neue Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Zentralbank ausgelöst, da in der Geschichte der USA noch kein Präsident versucht hat, ein Mitglied des Fed-Direktoriums zu entlassen. Trump übt seit langem Druck auf die Fed aus, die Zinsen zu senken und hat auch Notenbankchef Jerome Powell wiederholt abwertend kritisiert. Ein Ausscheiden Cooks würde es Trump ermöglichen, eine vierte Position im siebenköpfigen Direktorium der Fed zu besetzen, was eine Mehrheit zur Folge hätte, die sich für Zinssenkungen aussprechen würde. Ein weiterer Beleg für Tumps willkürliches Handeln ist seine Zollpolitik. Ein US-Bundesgericht hat erst kürzlich grosse Teile von Donald Trumps Zöllen für unzulässig erklärt. Mit sieben zu vier Stimmen urteilten die Richter, dass diese reziproken Zölle nur der Kongress beschliessen darf. Ob Trumps willkürliches Handeln nun Teil einer Strategie (Madman Theory) ist oder einfach nur impulsive Entscheidungen ohne klare Linie, die von persönlichen Launen und kurzfristigen Vorteilen geprägt sind, sei dahingestellt. Die erratischen Entscheidungen untergraben, das steht ausser Frage, langfristig das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen. Ein Vertrauensverlust gegenüber den USA würde das Finanzsystem erheblich destabilisieren, da Vertrauen die Grundlage eines jeden Finanzsystems bildet.

Obligationen
Das Vertrauen der Investoren in einen Staat lässt sich an der Entwicklung der Renditen der jeweiligen Staatsanleihen ablesen. Sinkt das Vertrauen in die Rückzahlungswahrscheinlichkeit, fallen die Preise von Staatsanleihen bzw. die Renditen steigen, weil Käufer höhere Risikoprämien erhalten wollen. Wie schnell dies geschehen kann, zeigt der Liz-Truss-Moment. Die damalige britische Premierministerin Liz Truss und ihr Finanzminister Kwasi Kwarteng präsentierten im September 2022 ein auf Schulden gebautes Steuersenkungsprogramm zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums. Die Bondinvestoren rechneten nun mit einer deutlich tieferen Rückzahlungs- wahrscheinlichkeit, trotz der guten britischen Bonität. Als Folge dessen gerieten die Preise der UK-Staatsanleihen ins Taumeln und die Renditen schossen in die Höhe. Beide Politiker mussten anschliessend zurücktreten.

Der Markt mit Schuldpapieren des US-Treasury ist der grösste weltweit und zugleich die Achillesferse der USA, das hat auch Trump zu spüren bekommen. Nachdem er am «Liberation Day» das neue Zollregime verkündete, kam es am US-Treasury-Markt zu einem plötzlichen Renditeanstieg. Er ruderte bei den Zöllen zügig zurück, und die Situation beruhigte sich wieder. Dies war ein erstes Warnzeichen, was passieren kann, wenn Investoren das Vertrauen verlieren. Für einen Liz-Truss-Moment war es noch zu wenig, jedoch bleiben die Bondmärkte wachsam. Sollte Trump das Vertrauen durch seine Handlungen weiter strapazieren,
könnte der Kipppunkt irgendwann erreicht sein, mit unabsehbaren Folgen für das Finanzsystem. Der US-Treasury-Markt bleibt der Gradmesser für Erfolg oder Misserfolg der Regierung Trump.
Aktien
Und die Aktienmärkte? Weshalb sind diese bislang so freundlich gestimmt? Auch dort will niemand durch Fehlbeurteilung verlieren, aber sie sind anders geartet als die Bondmärkte. Der Informationswert bei Aktienkursen liegt in der Beurteilung der zukünftigen Cashflows des Unternehmens, welcher auf einer Vielzahl von Fakten, Tendenzen und Wahrscheinlichkeiten ihres künftigen Eintretens basiert. Trump hat mit seinem Handeln einen gewissen Einfluss, aber nur einen unter vielen. Aktuell wird die Wahrscheinlichkeit eines immensen Produktivitätsgewinns durch die künstliche Intelligenz gespielt, weshalb die Aktienmärkte, trotz politisch garstigem Umfeld, freundlich tendieren. Wie lange diese Tendenz noch anhält und ob diese Entwicklung nachhaltig ist, kann nicht abschliessend beurteilt werden. Es wird jedoch sehr viel Optimismus in die KI-Entwicklung eingepreist, was zu starken Verwerfungen führen kann, sollten diese nicht erfüllt werden.
Währungen
Der US-Dollar ist die wichtigste Währung der Welt und somit ein weiterer Seismograph für das Vertrauen in die amerikanische Wirtschaft. Momentan befinden sich sowohl der USD-Index als auch der Glaube an die Vereinigten Staaten als zuverlässigen Partner im Sinkflug. Seit dem Amtsantritt hat Donald Trump mit seiner erratischen Politik den US-Dollar kontinuierlich geschwächt. Der US-Dollar-Index, der die US-Valuta mit einem internationalen Devisenkorb vergleicht, verlor seit Jahresbeginn rund zehn Prozent an Wert. Schlechter war die Bilanz seit der Jahrtausendwende nie. Ein weiteres Risiko für den USD droht von den Besitzern von US-Staatsanleihen. Die Verbündeten der USA halten den grössten Anteil an US-Treasuries.

Befreundete Länder tendieren dazu, mehr Anleihen untereinander zu halten, weil enge politische und militärische Bindungen die Wahrscheinlichkeit von Konflikten und Enteignungen reduzieren. Doch der Konfrontationskurs von Donald Trump schädigt das Vertrauen und folglich die Beziehungen. Käme es zu einem deutlichen Abbau der Bestände durch die Verbündeten, dürfte dies weitere Verluste für den Greenback zur Folge haben.
Alternative Anlagen
Das Edelmetall Silber hat mit einem Plus von 40 Prozent seit Jahresanfang die Marke von USD 40 je Feinunze überschritten und erreicht den höchsten Stand seit 2011. Vor allem eine starke Industrienachfrage hat den Preis getrieben. Die Photovoltaikproduktion verschlingt mehr als 30 Prozent der Jahresproduktion. Aber auch der schwache US-Dollar und die politischen Unsicherheiten kurbeln die globale Nachfrage an. Allein in China stieg das Importvolumen von Silberbarren im ersten Halbjahr um rund 25 Prozent. Silber ist aus dem Schatten von Gold getreten – gestützt durch eine starke Industrienachfrage, Knappheit und politische Unruhen.
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