«Make America Weak in 100 Days»
Konjunktur
Donald Trump hat am 29. April 2025 seine ersten 100 Tage seiner zweiten Amtszeit hinter sich gebracht. Diese 100 Tage sollten der Startschuss für «Make America Great Again» werden, waren jedoch geprägt von völligem Chaos. Mit seiner Zollpolitik führt der US-Präsident das Land an den Rand einer Rezession – wenn nicht mitten hinein –, entfremdet die USA von einem über Jahrzehnte gesponnenen Netz aus
politischen und wirtschaftlichen Verbündeten in aller Welt und gefährdet
dadurch die Kreditwürdigkeit des amerikanischen Staates. Trotz der 90-tägigen Zollpause bis Anfang Juli gelten bereits heute Zölle von 10 Prozent gegenüber der Schweiz und der EU, was ein Vielfaches des früheren Niveaus darstellt. Noch höhere Zölle hat Trump gegen Kanada und Mexiko verhängt sowie 145 Prozent gegenüber China. Insgesamt erheben die USA laut dem Budget Lab der Universität Yale historisch hohe Zölle von durchschnittlich 28 Prozent. Dies entspricht fast dem Zwölffachen des früheren Niveaus – höhere Zölle gab es zuletzt im Jahr 1901. Diese Zölle werden laut Universität Yale zu einem Preisanstieg von rund 3 Prozent führen und jeden US-Haushalt mit ca. USD 4’900 belasten. Auch grosse Einzelhandelsketten in den USA warnen bereits vor höheren Preisen und gar vor leeren Regalen. Die Einfuhren von Waren aus China sind bereits rückläufig, was sich am deutlichen Rückgang von Containerschiffen und Warenlieferungen aus China in die USA zeigt.

Trump hat durch seinen Zollkrieg das Vertrauen der US-Konsumenten, die das Rückgrat der US-Wirtschaft bilden, zumindest vorübergehend, verspielt. Die Konsumentenstimmung ist seit seinem Amtsantritt um 30 Prozent eingebrochen und befindet sich nahe dem Allzeittief aus dem Jahr 2022. Trump hat eine funktionierende Wirtschaft übernommen und diese in kürzester Zeit deutlich geschwächt – eventuell sogar in eine Rezession gestürzt.

Aktien
Am «Liberation Day», dem Tag der Befreiung (2. April 2025), verkündete
Trump seine neuen Zölle. Wie die Berechnungen zustande kamen, wissen die Verantwortlichen wohl selbst nicht so genau. Anders lässt es sich nicht erklären, dass sogar eine Insel, auf der nur Pinguine leben, mit einem 10-Prozent-Zoll belegt wurde. Die US-Börse hatte schon im Vorfeld an Wert eingebüsst, aber nach dem «Tag der Befreiung» gab es kein Halten mehr: Die Aktienmärkte brachen ein. Vom Höchststand Mitte Februar bis zum 8. April verlor der S&P 500 knapp 19 Prozent an Wert. Trump rief über die sozialen Medien immer wieder zum Durchhalten auf, doch gegen die Kräfte der Finanzmärkte kam er nicht an und gab am 9. April mit der Verkündung der 90-tägigen Zollpause klein bei. Damit konnte er die Märkte vorerst beruhigen und es kam zu einer Erholungsrally. Doch es bleibt die Frage: Was passiert nach dem Ende der Zollpause? Trump spricht zwar immer wieder von Zoll-Deals, die er mit anderen Ländern schliessen werde, doch bislang gibt es noch keine konkreten Erfolge zu vermelden. Das Damoklesschwert in Form von Trumps unberechenbarer Politik schwebt weiterhin über den Aktienmärkten. In den 100 Tagen seit seiner Amtsübernahme ist von «Make America Great Again» an den Aktienmärkten nichts zu spüren – ganz im Gegenteil: Es handelt sich um eine der schlechtesten Entwicklungen der ersten 100 Tage eines US-Präsidenten im Amt.

Obligationen
Nicht nur Aktien verloren an Wert, sondern auch vermeintlich sichere US-Staatsanleihen. In Krisenzeiten sind die Schuldscheine Amerikas normalerweise als sicherer Hafen gefragt, doch während der jüngsten Verwerfungen kam es beinahe zu Panikverkäufen. Das Vertrauen der Anleger in Amerika hat durch Trumps erratische Politik Schaden genommen. Wer einst enge Verbündete wie Feinde behandelt, muss mit Konsequenzen rechnen. Der amerikanische Treasury-Markt mit einem Volumen von 27 Billionen USD dient als Koordinatenkreuz des gesamten Finanzsystems. Die Gläubigerflucht aus US-Staatsanleihen verstärkte die ohnehin vorhandenen Sorgen um die hohe Verschuldung der USA sowie eine mögliche Herabstufung des Bonitätsratings durch die grossen Ratingagenturen. Das Vertrauen könnte weiteren Schaden nehmen – nicht zuletzt wegen des Paradigmenwechsels im Hinblick auf Machtteilung, Rechtsstaatlichkeit und freie Presse. Die Folgen wären verheerend für das globale Finanzsystem, das zu grossen Teilen auf Vertrauen in die USA und den US-Dollar beruht.
Währungen
Das Zollchaos und das schwindende Vertrauen in die USA führten im April zu massiven Umschichtungen aus den USA in europäische Aktien und andere Wertpapiere. Diese «Sell America»-Stimmung hat zur Folge, dass Kapital aus dem US-Dollar in andere Währungen abfliesst – was sich in einer deutlichen Schwächung des US-Dollars widerspiegelt. So verlor der Dollar allein im April 5 Prozent gegenüber dem Euro und 7 Prozent gegenüber dem Schweizer Franken. Noch steht der letzte Fels in der Brandung, der für die Stabilität des US-Dollars sorgt: das Federal Reserve System (Fed). Notenbankchef Powell und seine Kollegen halten wenig von Trump, was diesem ein Dorn im Auge ist. So nannte Trump Powell einen «grossen Verlierer» und sprach sich für eine vorzeitige Absetzung aus. Einen Tag später ruderte Trump in gewohnter Manier zurück, doch stellt er mit solchen Aktionen die Unabhängigkeit der Fed infrage. Trump trägt mit dieser Politik wesentlich zur Schwächung des US-Dollars als Leitwährung bei.
Alternative Anlagen
Die handelspolitischen Konflikte, das schwindende Vertrauen in Politik, Wirtschaft und Leitwährung bringen einen grossen Gewinner hervor: Gold. Die Nachfrage nach dem gelben Edelmetall steigt rasant. Vor allem Notenbanken – angefangen bei China, Indien, den restlichen BRICS-Staaten sowie vielen OPEC-Mitgliedern – haben rekordhohe Bestände an Gold erworben. Der Goldpreis hat sich allein in diesem Jahr um rund 26 Prozent verteuert und liegt nun bei über USD 3’300 je Unze. Ziel der Goldkäufe durch die Notenbanken ist eine Umschichtung der Währungsreserven, weg von der Reservewährung Dollar und hin zum raren Edelmetall. Dieser Trend wird sich fortsetzten, was den Goldpreis vor grösseren Rückschlägen schützen sollte.
Downloads

